Methods of this session Vorträge kombiniert mit Workshops und Rollenspielen
Duration of this Session 1 Halbtag
Materials for this Session Mobiltelefone und/oder Digitalkameras, Projektor, Beamer
See Volume One S. 135 – 150
See Volume two S. 111 – 119
See action CD EXHIBIT Bilder von Bildern
Margareta Gynning
Die Bedeutung von Kontext & Kultur I
Bewusstsein und Identität

Inhalt

Erst wenn wir beim Decodieren eines Bildes Schwierigkeiten haben, wird uns bewusst, wie sehr unser Sehen und Schauen von den visuellen Konventionen unserer Zeit bestimmt wird. Wir müssen die unterschiedlichen kulturellen Codes und Botschaften analysieren, die uns im Alltag ständig begegnen. Wollen wir verstehen, wie die Vergangenheit Teil der Gegenwart ist, dann ist es wichtig zu lernen, wie man Bilder dechiffriert. Indem wir Parallelen zwischen Damals und Heute entdecken und spüren, dass das Vergangene Teil des Gegenwärtigen ist, verstehen wir, wie Bedeutung visuell konstruiert wird.

Die Macht, die Bilder auf uns ausüben, lässt sich am besten am Beispiel nationaler Symbole zeigen. Die nationale Identität befindet sich in einem unablässigen Prozess von Konstruktion und Rekonstruktion, sie wird in Bildern dargestellt und beeinflusst so unser Bild von ihr. Bilder machen nur einen Teil der Ideologie aus, sind jedoch auch dienlich bei ihrer Konstruktion.

Ziele

Es soll untersucht werden, wie die persönliche Biographie/Erfahrung, Geographie und Nationalität die Wahrnehmung von Bildern beeinflussen. Im Mittelpunkt stehen Bildbewusstsein und Identität unter Verwendung von alten und jungen Kunstwerken sowie Bildern aus den Massenmedien. Damit sollen LehrerInnen und Studierende befähigt werden, unterschiedliche kulturelle Codes und Botschaften, von denen sie im Alltag umgeben sind, besser zu analysieren.

Organisation

Am besten lässt sich eine Diskussion über Bildbewusstsein in Gang bringen, indem man den Studierenden ein Bild zeigt, das schwierig zu decodieren ist.

Übung 1
Die Wichtigkeit des Blicks und des gegenseitigen Erkennens
Weisen Sie die Studierenden an, eine detaillierte Beschreibung von Giuseppe Arcimboldos Bild aus dem 16. Jahrhundert zu geben. Anfänglich werden sie sich bemühen, die Figur als menschliches Wesen zu sehen und zu beschreiben, obwohl sie sich aus Tieren und verschiedenen Gegenständen zusammensetzt. Wir lernen schon sehr früh im Leben, Gesichter zu decodieren. Von daher stammt unsere inhärente Neigung, die Umrisse von Gesichtern auf allen möglichen Gegenständen auszumachen. BeziehungspsychologInnen betonen die Bedeutung des Sehens und der Visualität für den Aufbau der Identität. Was uns am stärksten motiviere, sei das Bedürfnis nach gegenseitiger Anerkennung und die Sehnsucht nach Beziehung zur Welt. Auf unserer Suche nach Sinn lernen wir als Kinder kulturelle Codes und Botschaften, indem wir kreative Sprachen, wie etwa das Zeichnen und Malen verwenden. In der Schule sollten die Kinder deswegen nicht wie NachwuchskünstlerInnen behandelt, sondern ermutigt werden, ihre ganze Phantasie einzusetzen und sich die entscheidenden Werkzeuge zum Decodieren anzueignen.

Übung 2
Porträts
Heutzutage verwenden wir die neuen Technologien als Unterstützung, wenn wir mit der Welt in Verbindung treten wollen. Das überaus Wichtige daran ist, dass Ihre Studierenden das gemeinsam tun und so ihr Bedürfnis nach Anerkennung erfüllen. Viele von ihnen machen Fotos mit dem Handy, um sie gleich anschließend an ihre FreundInnen zu versenden oder ins Netz zu stellen. Regen Sie Ihre Studierenden dazu an, sich gegenseitig mit dem Handy zu fotografieren und sich dann darüber auszutauschen, welche Bilder ihnen gefallen und warum sie sie anderen zeigen möchten.

Übung 3
Das soziale Geschlecht (Gender) und »der männliche Blick«
Zeigen Sie Ihren Studierenden die Bilder in Band I (S. 137–141) und lassen Sie sie die Seiten 111–113 im zweiten Band von »Sehen ist lernbar« lesen und anschließend den Text analysieren und die Bilder mit ihren eigenen Aufnahmen vergleichen. Diskutieren Sie darüber, dass Bilder nicht nur Teil einer Ideologie, sondern maßgeblich beteiligt sind an ihrer Entstehung. Julius Kronbergs Gemälde »Nymphe und Faunen« aus dem 19. Jahrhundert zeigt, wie Bilder unsere Art zu »schauen« beeinflussen. Die zwei Faune im linken oberen Eck regen den Betrachter / die Betrachterin dazu an, sich in die Situation eines heterosexuellen Voyeurs zu versetzen, die nackte Frau mit dem »männlichen Blick« anzuschauen. Ein Vergleich zwischen ihr und der »Venus Cythereia« (siehe S. 24, Bild 4) von Jan Massys aus dem 16. Jahrhundert zeigt, dass zwar ruhende Nackte durchaus der westlichen Tradition entsprechen, Kronbergs Nymphe jedoch aus einer passiveren und eher objektivierenden Haltung heraus entstand. Eva Saros Collage zeigt, dass in unserer heutigen visuellen Kultur eine noch sexualisiertere Perspektive vorherrscht. Heutzutage werden auch Männer als Sexobjekte dargestellt, während Frauenkörper mit einem »durchdringenden Blick« buchstäblich in Stücke geschnitten und als Ware gesehen werden.

Übung 4
Soziales Geschlecht (Gender) und Rollenspiel
Ermutigen Sie Ihre Studierenden, die Körpersprache der Personen in Alexander Roslins »John Jennings Esqu., sein Bruder und seine Schwägerin« aus dem 18. Jahrhundert nachzumachen und dabei digitale Kameras als Hilfswerkzeug beim Rollenspiel zu verwenden. Sprechen Sie mit ihnen darüber, wie die Normen des sozialen Geschlechts im Laufe der Geschichte einem ständigen Veränderungsprozess unterworfen waren. Was wir heute als die weibliche Norm erkennen, als »feminin«, stellte im 18. Jahrhundert ein Ideal für Frauen und Männer der Oberschicht dar. Sie trugen Make-up und Perücken, der gesamte Lebensstil war ausgerichtet auf ein Leben in Luxus, auf »Prestigekonsum«. Die reich bestickten Kleider waren aus Samt und Seide und mit teurer Spitze verziert. Dieses androgyne Schönheitsideal wurzelt in der europäischen höfischen Kultur des 16. Jahrhunderts. »Anmut« und Schönheit waren im Adel Attribute, mit denen sich auch Männer gerne schmückten, und im 17. Jahrhundert wurde der französische König Ludwig XIV zum großen Vorbild. Tanz und Theater waren äußerst wichtig in der Gestaltung der Außenwirkung des Monarchen. Was wir heute als die Körpersprache des klassischen Balletts erkennen und bezeichnen, wurde erst ab dem 19. Jahrhundert als eine »feminine« Rolle gesehen, als sich die sozialen Geschlechter über die Trennung der Geschlechter, über separate private und öffentliche Räume definierten.

Das Portrait von Roslin zeigt, wie wir mit Hilfe von Rollenspielen unser Bewusstsein dafür schärfen können, in welchem Maß wir von sozialen Geschlechternormen und Strukturen eingeschränkt sind, die Heterosexualität als das für alle Geltende und Natürliche erhalten wollen.

Übung 5
Die nationale Identität
Fordern Sie die Studierenden auf, ein Bild oder Objekt mitzubringen, das sie mit ihrer eigenen nationalen Identität verbinden. Sprechen Sie mit ihnen darüber, was sie ausgerechnet dieses Bild oder Objekt auswählen ließ und wie sie ihre jeweilige Nationalität im Zusammenhang mit dem Land, in dem sie leben, definieren würden. Zeigen Sie ihnen dann die Bilder in Band I (S. 142–151) und lesen Sie über den »Nationalismus – vom Mitsommernachtstanz bis zu einem ›Dala‹ Pferd in Scheiben« in Band II (S. 114–119). Man kann auch die CD »Action« verwenden und die Spuren des Nationalismus verfolgen. Im Anschluss daran betrachten Sie die Bilder gemeinsam mit den Studierenden und analysieren, wie verschiedene Vorstellungen von Nationa-lität im Laufe der Jahrhunderte die Länder, in denen sie leben, geprägt haben. Falls manche der Teilnehmenden Erfahrungen
mit anderen Kulturen haben, kann man der Frage nachgehen, wie sich das auf ihre Identität ausgewirkt hat.

Variationen & Erweiterungen